Kunst in Schachteln
(v. l.) Friedrich Berost und die Künstler Claudia Cremer-Robelski, Burkhard Lohren und Herman Reichold mit zigarrettenschachtelgroßen Packungen. Der Art-O-Mat steht in der Rathauspassage an der Hauswand mit dem großen Reichold-Gemälde "Friedensengel". Für das Grau am Automaten sorgte der sonst Farben liebende Malermeister Dietmar Ahle: "Weil sich die Kunst in diesem Fall innerhalb des Objekt befindet, wollten die Künstler einen neutralen Rahmen".
Paderborn
Kunst aus dem Automaten
Art-O-Mat in der "Kunstmarkt-Diaspora" Paderborn: Kreative Ideen in Schachteln
Paderborn. Automaten bergen so einiges in ihren Schächten: Zigaretten natürlich, aber auch Getränke, Kondome oder Süßigkeiten. Aber Kunst? Der "Art-O-Mat" in der Rathauspassage macht jetzt möglich, was in Städten wie Berlin, Potsdam oder Hamburg bereits nicht mehr ungewöhnlich ist: Rund um die Uhr gibt’s Kunst aus dem Automaten zu kaufen.
"Kunst fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblich Freude zu", ermuntert ein Schriftzug in Großbuchstaben. Für fünf Euro rutscht ein kleines und einmaliges Kunstobjekt in die Lade – von welchem Künstler, das entscheidet der Käufer selbst. Zehn Kunstschaffende aus Paderborn und Umgebung beteiligen sich bisher und kreierten bereits kleine Bilder, Drucke, Collagen, Zeichnungen oder andere Objekte. "Der Inhalt ist völlig unterschiedlich", sagt Burkhard Lohren, Paderborner Künstler und Inhaber der Agentur Art Cartel.
Lohnen hat den Paderborner Kunstautomaten, nach seinen Informationen bislang ein Unikat in Ostwestfalen-Lippe, auf den Weg gebracht: Weil die Paderborner Kunstszene immer wieder neue Wege finden müsse, um für Kunst zu begeistern. Und um die heimischen Kreativen bekannter zu machen, die sehr vielfältige Kunst schaffen. "Die Idee für Kunst im Automaten ist allerdings nicht ganz neu, ein ähnliches Objekt gab es 1982 auf der Documenta in Kassel", weiß Burkhard Lohnen.
Angetan von dem Kunstwerk-Projekt für jeden Geldbeutel war neben den Kunstschaffenden auch ganz rasch die Warburger Automaten-Firma Berost. "Eine sehr interessante Idee", befand Friedrich Berost und sponserte dieses außergewöhnliche Unterfangen mit einem ehemaligen Zigaretten-Automaten und mit Schachteln, in denen sonst Feuerzeuge oder Telefonkarten stecken. Manche dieser Schachteln wurden von den Künstlern ganz individuell bemalt oder gestaltet, bei anderen steckt die Kunst vor allem im Innenleben. "Eine schenkende Hand" hat beispielsweise Tim Pickartz auf einer Karte als Collage gestaltet: "Wir möchten, dass Menschen mit Kunst in Kontakt kommen". Doch es sei schwierig, das Publikum zu erreichen.
Claudia Cremer-Robelski hat eine Leinwand in kleine Teile zerlegt und bearbeitet: "Augenblick" hat sie ihre Objekt-Reihe genannt. Und die Designerin und Künstlerin Emell GökChe gestaltete das Material, das sie sonst in Kleidern oder Skulpturen verarbeitet, passend für die Schachtelgröße.
"Paderborn ist eine Kunstmarkt-Diaspora", moniert Herman Reichold, der den Art-O-Mat gestaltet hat und mit mehreren eigenen Schachtel-Objekten beteiligt ist: "Es gibt bis heute weder eine Galerie-Szene noch andere Plätze für Kunstschaffende", möchte Reichold mit dem Automaten besonders junge Leute mit Kunst "anfüttern". Am Art-O-Mat könne man auch mal ein Geburtstagsgeschenk oder Mitbringsel ziehen: "Der ideelle Wert dieser kleinen Objekte ist groß", ist Herman Reichold überzeugt davon, dass die Kunstbotschaften gut ankommen werden.
"Auf diese Weise wird Kunst sichtbar gemacht", sagt der beteiligte Künstler Hyazinth Pakulla, Organisator der "Offenen Ateliers". In Paderborn sei Kunst trotz des großen Potenzials und einer bunter Vielfalt der Kunstschaffenden "nicht existent".
Die erste Schachtel durfte gestern Heinz Paus ziehen. Der Bürgermeister hatte die Sitzung des Verwaltungsvorstandes kurz unterbrochen, um bei der Präsentation dabei sein zu können. "Eine spannende Idee", lobte er die Künstler für den Art-O-Mat. Der Automat sei eine Chance, in der Stadt Kunst anzubieten. Und für Bürger und Bürgerinnen eine Möglichkeit, sich mit Kunst auseinander zusetzen.
Welche Künster dabei sind
Zehn Künstlerinnen und Künstler aus der Region engagieren sich bislang für die Kunst aus dem "Art-O-Mat". Mit von der Partie sind Claudia Cremer Robelski (Schlangen), Nils Thorsten Fieseler (Lippstadt), Emell GökChe (Paderborn), Hyazinth Pakulla (Paderborn), Tim Pickartz (Paderborn), Ulli Predeek (Schloß Neuhaus), Herman Reichold (Paderborn), Viola Welker (Dortmund) und Michel Zuccarini (Büren)
Weil im Automaten Platz für die Objekte von 13 Künstlern ist, wären eigentlich noch Plätze frei. Weil aber möglichst alle Schächte gefüllt sein sollten, ist Herman Reichold eingesprungen und bestückt zunächst mehrere Schächte. "Deswegen fühle ich mich jetzt wie Marlboro", grinst der Künstler.
Burkhard Lohren sorgt dafür, dass es immer wieder Nachschub von den Kreativen gibt – und dass sich weitere Künstler beteiligen, so dass das Kunst-Angebot ständig wechselt.